Wundt

Wundt
Wụndt,
 
1) Max, Philosoph, * Leipzig 29. 1. 1879, ✝ Tübingen 31. 10. 1963, Sohn von 2); war 1918-20 Professor in Marburg, dann in Jena, ab 1929 in Tübingen; v. a. philosophiegeschichtliche Arbeiten (griechische Antike, 17. und 18. Jahrhundert). Wundt deutete (im Gegensatz zum Neukantianismus) die Philosophie I. Kants als Versuch einer Neufundierung der Metaphysik.
 
Werke: Geschichte der griechischen Ethik, 2 Bände (1908-11); Kant als Metaphysiker (1924); Geschichte der Metaphysik (1931); Ewigkeit und Endlichkeit (1937); Die deutsche Schulmetaphysik des 17. Jahrhunderts (1939); Die deutsche Schulphilosophie im Zeitalter der Aufklärung (1945); Untersuchung zur Metaphysik des Aristoteles (1953).
 
 2) Wilhelm Max, Philosoph und Psychologe, * Neckarau (heute zu Mannheim) 16. 8. 1832, ✝ Großbothen (bei Grimma) 31. 8. 1920, Vater von 1); studierte Medizin in Tübingen und Heidelberg; 1858-62 Assistent am Institut für Physiologie bei H. von Helmholtz in Heidelberg, ab 1864 Professor für Anthropologie und medizinische Psychologie ebenda; 1864-68 Abgeordneter in der 2. Kammer des badischen Landtags; ab 1874 Professor für induktive Philosophie in Zürich, ab 1875 für Philosophie in Leipzig, wo er 1879 das erste Institut für experimentelle Psychologie gründete, das schon bald internationales Ansehen genoss. - 1881 begründete er die »Philosophischen Studien«, eine frühe psychologische Fachzeitschrift. Wundt baute die Psychologie nach naturwissenschaftlichem Vorbild auf, wobei die psychologische Forschung auf Experiment und Introspektion fußen sollte. Als Vertreter einer Bewusstseinspsychologie sah er die Hauptaufgabe der Psychologie in der Herausarbeitung der kleinsten, nicht weiter zerlegbaren Elemente des Bewusstseins (Elementenpsychologie), ihrer Verbindungen und der Verbindungsgesetze. Die Apperzeption ist nach Wundt eine innere Willenshandlung und Prototyp aller psychischen Prozesse, die er in solche des Willens, des Intellekts und des Gefühls untergliederte. Erlebnisse sind für ihn das Ergebnis von Willenshandlungen (psychologischer Voluntarismus). Bekannt wurde u. a. Wundts Klassifikation der Gefühle in drei Dimensionen (Lust - Unlust, Spannung - Lösung, Erregung - Beruhigung). Den substanziellen Seelenbegriff gab er zugunsten der Aktualitätstheorie auf; die Seele ist nichts anderes als unmittelbar erlebte Wirklichkeit. Von sinnesphysiologischen Untersuchungen ausgehend, vertrat er in der Frage des Leib-Seele-Problems im Anschluss an G. Wundt Leibniz einen psychophysischen Parallelismus, die Annahme einer durchgängigen Verbundenheit seelischer und körperlicher Vorgänge. Als Ergänzung zur experimentellen Psychologie, die nur individuelle Vorgänge beschreiben könne, fasste er die Völkerpsychologie, die durch Betrachtung allgemein gültiger Geisteserzeugnisse wie Sprache, Mythos oder Sitte Aufschluss über die »höheren psychischen Vorgänge und Entwicklungen« geben soll. Über die Psychologie hinausgehend, die Wundt als Grundwissenschaft aller Geisteswissenschaften verstand, beschäftigte er sich mit erkenntnistheoretischen, metaphysischen und logischen Überlegungen.
 
Werke: Beiträge zur Theorie der Sinneswahrnehmung (1862); Vorlesungen über die Menschen- und Thierseele, 2 Bände (1863); Grundzüge der physiologischen Psychologie, 2 Bände (1873-74); Logik, 2 Bände (1880-83); Ethik (1886); System der Philosophie (1889); Völkerpsychologie, 10 Bände (1900-20); Sinnliche und übersinnliche Welt (1914); Erlebtes und Erkanntes (1920, Autobiographie); Die Zukunft der Kultur (1920).
 
Herausgeber: Psychologische Studien, 10 Bände (1906-17).
 
Ausgabe: Kleine Schriften, 3 Bände (1910-21).
 
 
W. Nef: Die Philosophie W. W.s (1923);
 P. Petersen: W. W. u. seine Zeit (1925);
 E. Wundt: W. W.s Werk. Ein Verz. seiner sämtl. Schriften (1927);
 W. Meischner u. E. Eschler: W. W. (1979);
 
W. studies, hg. v. W. G. Bringmann u. a. (Toronto 1980);
 B. Oelze: W. W. Die Konzeption der Völkerpsychologie (1991);
 S. Bushuven: Ausdruck u. Objekt. W. W.s Theorie der Sprache u. seine philosoph. Konzeption ursprüngl. Erfahrung (1993);
 G. Lamberti: W. Maximilian W. 1832-1920 (1995).

Universal-Lexikon. 2012.

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